Montag, 8. Dezember 2008

Kauf oder stirb - Koste es, was es wolle

Erst vor wenigen Wochen meinte Finanzminister Peer Steinbrück, dass es keine Anzeichen für eine Rezession für Deutschland gäbe. Mittlerweile befinden wir uns überraschenderweise in eben dieser und der Bundestag hat schon so eine Art Konjunkturpaket durchgesetzt. Mit diesem Paket pumpt die Bundesregierung 31 Milliarden Euro in den Wirtschaftskreislauf. Allerdings waren die meisten Maßnahmen, wie die Erhöhung des Kindergelds oder die Sekung des Beitrags zur Arbeitslosenversicherung, schon vor der Krise geplant, jetzt wurden sie lediglich vorgezogen. Andere Ausgaben sollen auf Jahre laufen. Wenn man diese herausrechnet bleiben nach Expertenmeinungen nur noch 4 Milliarden Euro, das sind nur 12,5 Prozent des kommunizierten Pakets. Damit wird das Eigentliche zum Pseudo-Konjunkturpaket.
Angela Merkel muss in den nächsten Monaten definitiv ein zweites, dann überzeugendes Paket präsentieren. Die anderen Industriestaaten drängen ebenso darauf, dass Merkel die globale Verantwortung wahrnimmt, schließlich hat Deutschland mit den größten Nutzen, wenn es der Weltwirtschaft gutgeht. Dennoch blockiert die Bundeskanzlerin momentan Diskussionen über Möglichkeiten, dagegen zieht ihr Finanzminister das langfristig in Betracht.

Am 5. Januar trifft sich die Große Koalition zu Gesprächen. Im Vorfeld werden viele Vorschläge gemacht, wie man der Republik wieder auf die Beine helfen kann.
Die CSU und Teile der CDU fordern nach wie vor Steuersenkungen, die Steuersenkungspartei FDP sowieso, die Linke möchte die Hartz IV-Sätze erhöhen, die SPD Konsumgutscheine verteilen oder in Kommunen investieren und Annette Schavan will Geld in Bildungseinrichtungen stecken.

Die Forderung nach Steuersenkungen ist populär und ebenso populistisch. Wer ernsthaft glaubt, mit Steuersenkungen für Besserverdienende könne der deutschen Wirtschaft geholfen werden, der hat die Zeichen der Zeit nicht erkannt. Die Mehrheit der Begünstigten wird eh nicht so stark von der Krise betroffen sein un dieses Geschenk mit Freudentränen annehmen. Der Teil, der die Wirtschaft damit unterstützen würde, ist viel zu gering, wenn man bedenkt, dass Millionen von Jugendlichen, Arbeitslosen, Hartz-IV-Empfängern und Rentnern somit keinerlei Einfluss auf die Konjunktur haben. Im Endeffekt würde die halbe Bevölkerung nichts Hilfreiches für die Wirtschaft tun.

Es gibt noch eine zweite Variante der Steuersenkung, welche Großbritannien von 17,5 Prozent auf 15% durchführt. Nämlich die allgemeine Senkung der Mehrwertsteuer - zeitlich begrenzt. Diese würde im Idealfall ganz Deutschland betreffen, allerdings unterstelle ich deutschen Unternehmen Profitgier und bezweifle, dass der Betrag letztendlich auch beim Verbraucher ankommt, da die Preise einfach schwächer gesenkt werden können. Außerdem brachte die Mehrwertsteuererhöhung 2006 auch keine dramatischen Umsatzeinbußen, wer garantiert also, dass eine plötzliche Senkung erhebliche Gewinne einfahren wird?

Konsumgutscheine für jedermann ... - für jedermann? Bei dieser Idee wird noch darüber diskutiert, wer den Gutschein bekommt und über wie viel Geld er dann verfügt. 500 Euro für alle oder nur für die, die es auch brauchen. Wo fängt Brauchen an? Und werden junge Menschen mit einbezogen? Das sind die Fragen der Konsumgutscheine. Ich halte es für sinnvoll nicht jedem die 500 Euro zu gewähren, was zunächst ungerecht klingt, auf der anderen Seite ist das Vermögen aber generell ungerecht verteilt, weswegen eine die Ungerechtigkeit relativiert wird. Die reichsten 20 Prozent der Deutschen, die satte 80 Prozent des Geldvermögens in Deutschland besitzen sollten davon ausgenommen werden. Die 500 Euro hätten sie eh gehabt.
Jeder, der den Gutschein erhält, soll selber noch mindestens 200 Euro draufpacken und dann über 700 Euro konsumieren.
Die junge Bevölkerung sollte mit 250 Euro pro Kopf ebenfalls impliziert werden. Dabei sollten alle berücksichtigt werden, d.h. von null bis 18 Jahren.

(Nun folgt eine kleine Rechnung: In Deutschland leben laut Statistischem Bundesamt 11 Millionen 0-15-Jährige und 10 Millionen 15-25-Jährige. Wenn wir von 3,5 Millionen 16-18-Jährigen ausgehen, sollten wir gut dabei sein.)

Wir sprechen somit von 14,5 Millionen jungen Menschen, die 250 Euro ohne Beteiligung bekommen sollen.
Ob den Menschen vorgeschrieben werden soll, was sie kaufen, ist nicht klar. Ob es der deutschen Volkswirtschaft hilft, wenn Familie Müller sich von dem Geld einen 700€ teuren Flachbildschirm von Panasonic kauft, steht in der Diskussion. Es hilft ihr sicherlich nicht direkt, jedoch indirekt: geht es der globalen Wirtschaft gut, dann laufen langfristig auch die Exportgeschäfte Deutschlands wieder besser. Allerdings würde ich in Zeiten des Klimawandels vorschreiben, dass nur energiesparende Geräte gekauft werden dürfen. Geräte mit Stand-by-Funktion sollten zum Beispiel ausgegrenzt werden, ebenso Kühlschränke mit mangelhafter Energieleistung.
Nachteil des Konsumgutscheins ist, dass die Gefahr eines einmaligen Strohfeuers besteht. Dem kann durch eine längere Gültigkeit entgegengesetzt werden. Glaubt man Wirtschaftsexperten, sind Konsumgutscheine genau das, was unsere Wirtschaft brauch. Da sie "zielgenau" sind.
Der Knackpunkt wird die Finanzierung sein, welche uns zu unserer nächsten Rechnung führt:

Wir gehen von 80 Millionen Menschen aus. Bis auf die oberen 20 Prozent soll jeder einen Gutschein bekommen. Damit wären wir bei 64 Millionen Menschen. Davon sollen 14,5 Millionen Kinder und Jugendliche nur 250 Euro erhalten. Rechnen wir das hoch kommen wir auf
24 500 000 000 Euro auf der einen und 3 625 000 000 Euro auf der anderen Seite. Insgesamt sind das 28 125 000 000, demzufolge also über 28 Milliarden Euro. Aufgrund von eventuellen Verrechnungen und Statistikfehlern ziehen wir die Spanne mal von 25 bis 30 Milliarden Euro auf. Ist die Bundesregierung bereit so viel Geld in eine riskante Maßnahme zu pumpen? Gibt es risikofreie Maßnahmen in Krisenzeiten? Das sind die Fragen, die gestellt werden müssen!

Die Linke hat vor die Hartz-IV-Sätze zu erhöhen. Davon halte ich nichts aus dem gleichen Grund wie ich die Steuersenkungen für hilflos halte: Es ist nichts für alle. Die Abgaben würden nur einen geringen Teil betreffen. Selbstverständlich würden gerade Sozialhilfeempfänger das Geld sofort konsumieren, jedoch glaube ich nicht, dass eine Gesellschaftsschicht diese Krise alleine bewältigen kann.

Ein anderer Teil der SPD möchte 50 Milliarden in Kommunen investieren. Damit sollen Gebäudesanierungn betriebe werden. Diese Idee ist ziemlich aktuell, deshalb kann ich dazu nicht viel sagen. Den Betrag halte ich aber für übertrieben, und frage mich mal wieder, ob das Geld dann auch sinnvoll eingesetzt wird.

Der Ansatz von Bildungsministerin Annette Schavan ist noch interessant. Sie möchte jeder der 44 000 Schulen durchschnittlich 100 000 Euro geben, jeder der 3500 Hochschulen soll eine halbe Million erhalten. Dafür sollen 4,6 Milliarden Euro locker gemacht werden. Diesen Vorschlag halte ich für sinnvoll. Oft ist es an deutschen Schulen so, dass Eltern Klassenzimmer streichen oder Sanitäranlangen putzen. Diese Arbeiten könnten auch von örtlichen Dientsleistungsfirmen vollbracht werden. Damit würden Arbeitsplätze vor Ort gesichert werden, darüber hinaus hat dies positive Auswirkungen auf das Umfeld der Schüler. Allerdings stelle ich infrage, ob das Geld auch wirklicht ankommt. Im Endeffekt sind nämlich die Länder für die Verteilung verantwortlich.

In der oben aufgeführten Liste fehlen leider ökologische Programme. Ich halte es für signifikant, dass auch in ökologische Konzepte investiert wird, damit nachhaltig moderne Arbeitsplätze ausgebaut werden.

Abschließend stelle ich mein favorisiertes Konjunkturprogramm vor. Meiner Meinung nach sollte man mehrere Varianten bündeln. Dazu gehört der Konsumgutschein, die Bildungsinvestition und Teile der Investitionen in Kommunen.
Spielen wir jetzt also Bundeskanzlerin:
Insgesamt würde ich 40 Milliarden Euro zur Verfügung stellen: 28 Milliarden € für die Konsumgutscheine, 12 Milliarden € für die Kommunen, allerdings mit der Auflage, dass die Gelder in klimafreundliche Sanierungen bzw. Projekte investiert werden.

Aber wir sind hier ja nicht bei "Wünsch Dir was", sondern bei "So isses", also wird es wohl keine Konsumgutscheine geben. Im Endeffekt werden wir wahrscheinlich ein Investitionspaket sehen, in dem Schavans Vorschlag und der der Kommunen untergebracht werden.

3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Je mehr ich über den Konsumgutschein lese, desto interessnater wird er, ich frage mich nur, welche Auflagen damit verbunden sind.

r0bin hat gesagt…

klingt ja alles ganz nett mit den Gutscheinen. Allerdings haben sich ein Großteil der Bundesbürger dagegen ausgesprochen, was vermutlich ein Entscheidungskriterium darstellen wird. Begründungen, wie "200€ hab ich nicht über", oder "nachher zahlen es eh wieder die Steuerzahler" scheinen sinnlos zu sein, überwiegen aber eindeutig.
Ich glaube es erst, wenn ich den Guschein in der Post habe, oder sich die Schule endlich 3 lagiges Toilettenpapier leisten kann.

r0bin hat gesagt…

Eine Senkung der Mwst. ist meines Erachtens nach Stumpfsinn, da bei der heutigen Geldgeilheit der Industrie beim Endkonsumenten im Optimalfall ein paar Cent ankommen.

HeartsFear erhöhen?-Natürlich sollte man einiges an diesem dummen System ändern, aber nur einer Gesellschaftsschicht helfen und darauf pochen, dass diese alles wegkonsumieren?-wohl kaum, wenn man sieht, an was es vielen Deutschen fehlt. Das hat nicht einmal im Ansatz etwas mit Konsum zu tun.


Edith sagt: habe einiges vergessen...sry für doppelpost ;)