Dienstag, 9. Juni 2009

Europawahl 2009

Die Europa- und Kommunalwahlen liegen hinter uns und ich ziehe mal ein paar Fazite.

Die CDU setzt sich zwar als Gewinner der Wahl in Szene und vergisst dabei ganz offensichtlich, dass die eigene Partei auch 6,6 Prozentpunkte im Vergleich zur letzten Europawahl einbüßen musste. Doch gesprochen wird darüber keinswegs, stattdessen wird der Tod der SPD erklärt und die Party zur Feier der schwarz-gelben Mehrheit im September geplant.

Nach dieser Europawahl steht eine Partei so schlecht da wie noch nie: die SPD. Bei der letzten Europawahl in 2004 haben sie unter der deutschlandweiten Hartz-IV-Debatte gelitten und kamen nicht über 21,5 % hinaus. Dass sie jetzt nochmal 0,7 Prozent verloren haben, war nicht nur für die Sozialdemokraten ein Schock. Mit solch einem schlechten Ergebnis war im Vorfeld der Wahl nicht zu rechnen. Die SPD wollte mit der Wahl der Europäischen Parlaments endlich mal wieder ein Zeichen setzen, doch dies misslang gründlich. Diskussionen über die Ausrichtung der Roten lässt der Parteivorsitzende Franz Müntefering aber nicht zu. Die ehemalige Volkspartei hat damit schon die dritte herbe Niederlage im Jahr 2009 eingefahren. Zunächst die erwartete Schlappe in Hessen, wo Thorsten Schäfer-Gümbel trotz eines engagierten Wahlkampfes keine Chance hatte, und außerdem das Nachsehen in Sachen Bundespräsidentenwahl. Das Wahljahr der SPD läuft momentan alles andere als gut. Die nächsten Bewährungsproben kommen schon im August, dann müssen sich die Sozialdemokraten bei den Landtagswahlen im Saarland und Thüringen beweisen. In dem kleinen Bundesland an der französischen Grenze wird es richtig spannend, wenn es dann gegen Oskar Lafontaine und seine Linke geht.

Die Gewinner der Wahl sind wieder die kleinen Parteien, was meine Ansicht, dass es in 20 bis 30 Jahren keine Volksparteien mehr geben wird, immer wahrscheinlicher werden lässt.
Die Grünen konnten zwar nicht so stark zulegen, allerdings ist es schon ein Erfolg, dass das letzte Ergebnis bestätigt werden konnte, nein, sogar so leicht überboten, dass es für einen weiteren Abgeordneten reicht. Damit sind die Grünen die drittstärkste Kraft und können hochmotiviert in die folgenden Wahlkämpfe gehen. Was mir besonders gut gefällt, dass es tatsächlich alle drei KandidatInnen der Grünen Jugend ins EU-Parlament geschafft haben. Gratulation geht dafür von mir an Ska Keller, Franziska Brantner und Jan Albrecht!
Außerdem haben die Grünen es offensichtlich wirklich geschafft zum ersten Mal in einer Metropolstadt die stärkste Fraktion zu stellen. In Stuttgart dürften sie nach jetzigem Stand der Dinge nämlich vor der CDU stehen. Aber nicht nur dort wurden starke Kommunalergebnisse eingefahren. Auch in Freiburg, Mannheim, Heidelberg, Mainz, Dresden, Leipzig ,Weimar, Magdeburg und Halle haben die Grünen starke Ergebnisse für sich verbuchen können.
Dennoch bin ich mir sicher, dass die Grünen noch einen halben Prozenzpunkt mehr geholt hätten, gäbe es die Piratenpartei nicht. Auch die Grünen haben einen Plan für Netzpolitik, jedoch ist das Profil der Piratenpartei natürlich noch netzpolitischer. Um das zu ändern muss die grüne Partei selber noch mehr in Richtung dessen tun. Dass sie im Bundestagswahlprogramm als einzige kleinere Partei ein Kapitel nur für Medien- und Netzpolitik hat, sagt schon einiges aus über die Bemühungen der Partei.

Was ich bei diesen Wahlen wieder nicht verstehe, ist, dass es Menschen gibt, die in ihre Wahlkabine gehen und ihr Kreuzchen bei der Partei "Die Finanzkrise" machen. Die von vielen BundesbürgerInnen auch "FDP" genannte Partei erreicht 11 Prozent und konnte damit 4,9 Punkte hinzugewinnen. Das bedeutet fünf Neoliberale mehr im EU-Parlament, also insgesamt 12. Woher dieser Unfug kommt kann ich mir weiterhin nicht erklären. Eine Partei, die zwar nicht direkt für das Eintreten der Finanzkrise verantwortlich ist, aber genau denselben Weg weitergehen möchte, wie den der letzten zehn Jahre, hat die Zeichen der Zeit nicht erkannt. Es ist verwerflich, wenn man Banken auch weiterhin freien Lauf ohne Kontrolle gewährt, schließlich hängen da ganze Kontinente mit dran. Der Wahlwerbespot der Grünen veranschaulicht das ganz gut. Dieser Westerwelle spricht immer von "Leistung muss sich wieder lohnen", aber vor allem muss sich Menschlich sein wieder lohnen! Aber dass die FDP solche Ergebnisse einfährt liegt vor allem daran, dass sie seit 11 Jahren gar nichts mehr für dieses Land geleistet hat. Und das ist auch gut so!

Machen wir nun den Sprung zu den Linken. Auch hier gab es Zuwächse, was die Stimmenanzahl betrifft. Die Partei, die im Vorfeld Befürworter des Lissabon-Vertrags aus den eigenen Reihen ausgegrenzt hat, bekommt 7,5 Prozent. Die Linke ist zur Berichterstattung in diesem Blog derzeit aber so interessant wie ein Stück Brot.

Dagegen gibt es noch die Piratenpartei, die mit 0,9 Prozent freilich nicht nach Brüssel darf, aber das eigene Ziel um 0,4 Punkte übertroffen hat und derzeit vor allem den Grünen Wählerstimmen klauen. Wie sich das in Richtung Bundestagswahl entwickelt wird noch sehr spannend. Werden die Grünen jetzt noch netzpolitischer und wie wachsen die Piraten? Immerhin haben es die schwedischen Kollegen es mit Abgeordneten nach Brüssel geschafft. Den anderen Parteien wird es ziemlich egal sein, dass es dort von unten eine Bewegung in die Parlamente möchte, doch die Grünen werden sich nun intensiv mit den Wünschen und Ansichten der InternetnutzerInenn beschäftigen.

Es sind nun noch 111 Tage bis zum 27. September - dem Tag der Bundestagswahl. Was bis dahin passiert, wird sehr interessant. Vor allem bin ich jetzt auf die Lösungen der SPD gespannt. Und viel wichtiger: Wie lange gibt es diese Partei überhaupt noch? Die Partei muss sich definitiv erholen, damit es nicht für eine schwarz-gelbe Mehrheit reicht.

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