Sonntag, 11. Oktober 2009

Eine Fläche die so groß ist wie Jamaika

Wie so häufig in der Politik war auch die heutige Entscheidung der Saar-Grünen keine, die man als klar falsch oder klar richtig bewerten kann. Es ist weder ein Grund in Depressionen zu verfallen noch ist es ein Grund Jubelsprünge zu machen.
Die Entscheidung eine Reise nach Jamaika anzutreten war keine leichte und trotzdem nicht der Untergang des Abendlandes. Doch viele tun so als sei es ein absolutes Tabu in eine Regierung mit schwarz-gelb zu gehen - erstaunlicherweise auch so lautstark aus der SPD-Ecke (aber dazu kommen wir noch).

Die Grünen waren nunmal das Zünglein an der Waage und konnten sich Zeit lassen ihre Entscheidung zu pfällen. Diese haben sie jetzt getroffen. Dafür, dass die Grünen nur 5,9 Prozent erreicht haben, mit drei Abgeordneten die kleinste Fraktion stellen, hatten sie ganz schön viel zu sagen und haben auch recht viel herausverhandelt. Schließlich werden die Studiengebühren abgeschafft, längeres gemeinsames Lernen eingeführt und das Ende der Steinkohleförderung durchgesetzt. Letzteres wäre mit Rot-Rot gar nicht so einfach geworden. Nicht zu vergessen sind die zwei Ministerposten Umwelt und Bildung, die den Grünen Berichten zufolge zugestanden werden. Zwei Minister, also fast so viele wie die Fraktion groß ist. Dazu das Herzstück der Landespolitik: die Bildung. Man kann nicht sagen, dass die Koalition inhaltlich falsch sei. Nicht mal die Macht der kleinen Fraktion in der tatsächlichen Regierungszeit kann richtig infrage gestellt werden, da der grüne Fraktionschef Hubert Ulrich mit Rot-Rot-Grün kokettieren kann, womit er wiederum Peter Müller unter Druck setzen kann. Eine schlechte Position werden die Grünen innerhalb der Koalition nicht haben. Man muss auch erwähnen, dass Müller ein sehr moderater CDUler ist, von so einem träumt man in Baden-Württemberg.
Wie die Arbeit mit Oskar Lafontaine würde, weiß auch niemand. Das ist das Problem. Man hat mit Lafontaine keine Sicherheit. Wie er sich jetzt überraschend aus Berlin verabschiedet und im Saarland angemeldet hat, das zeugt schon von Instabilität.

Nichtsdestotrotz ist auch Jamaika kein Segen für die Grünen. Es besteht dennoch die Gefahr sich von CDU und FDP unterbuttern zu lassen. Dass die drei Abgeordnete "gekauft" werden und nicht viel grün übrig bleibt. Dann könnte es nach dieser Legislaturperiode bitter aussehen, denn nach wie vor ist es für die Grünen eng in den Landtag zu kommen.
Jetzt spielen sie fünf Jahre ein spannendes Spiel. Sie können sich beweisen als starke Kraft gegen schwarz-gelb, als Opposition in der Regierung. Die sozial-ökologische Vernunft des Saarlands. Sie könnten sich etablieren.
Oder wäre es besser sie wären der grüne Fleck bei Rot-Rot, wo Lafontaine und Maas fest mit den Grünen gerechnet haben. Dort hätten sie sich auch als grüne Kraft zeigen können, doch außer der Ökologie wäre nicht viel geblieben. Vielleicht gewinnen sie so an Profil, wenngleich es ein schmaler Grat ist.

Eine andere politische Frage ist die der Glaubwürdigkeit. Im Wahlkampf haben sie Peter Müller als Ministerpräsidenten bekämpft, wollten nicht zuletzt diesen Posten verändern, jetzt halten sie ihm die Stange. In Hamburg war es ähnlich. Mit Plakaten wie "Kohle von Beust" die Stadt zugepflastert und am Ende damit in die Regierung, diesmal läuft das mit der Kohle wenigstens anders. Auch die Grünen dürfen mit der CDU koalieren, wenn es inhaltlich passt. Einen Wahlkampf dann aber so contra zu führen ist falsch. Wer im Vorfeld Dinge bekämpft darf sie im nachhinein nicht durchführen, vor allem nicht, wenn er andere Möglichkeiten hat. Es war in diesem Fall zwar kein Wahlversprechen, dennoch werden die Grünen darunter leiden - nicht nur im Saarland.

Wir schreiten weiter durch dieses Thema und beleuchten mehrere Blickwinkel.

Oskar Lafontaine kündigte mehr Beteiligung im Saarland an und auf einmal hob der Flieger nach Jamaika zügig ab. Das wird sicherlich der Grund gewesen sein der den Saar-Grünen den Rest gegeben hat. Nicht nur, dass Lafontaine einen Anti-Grün-Kampf geführt hat und Linke-Abgeordnete von Grün kamen und ihr Mandat mitgenommen habe, auch Lafontaines Entscheidung trägt maßgeblich an Jamaika mit. Für Souveränität steht das leider nicht. Eine Partei wie die Grünen sollte sich nicht von anderen Entscheidungen leiten lassen. Man sollte auf sich schauen, auf die Inhalte und die Wählerinnen und Wähler. Und dann entscheiden. Auf die Inhalte wurde geschaut.

Viele SPDler machen jetzt lautstarken Lärm gegen die Grünen. Ja genau die SPD, die schon mit jeder Partei im Bett war. (Dazu der Pottblog)
Es spricht nicht das große Selbstbewusstsein aus der SPD. Nicht der Wille etwas Großes zu verändern. Es spricht die Angst des Verlusts der Macht.
Im Gegensatz zur FDP laufen die Grünen eben nicht einer Partei hinterher, die dann machen kann was sie will. Die Grünen vergleichen, differenzieren und schauen einfach genauer hin. Die SPD hat Angst ihren Juniorpartner auf Dauer zu verlieren und malt bundespolitisch schon schwarz. Man stellt sich als großen Retter des Landes dar, wie z.B. Ralf Stegner, der Landes- und Fraktionsvorsitzende der SPD Schleswig-Holstein, der schreibt doch tatsächlich via Twitter:
Der Weg in die soziale Moderne muss entwickelt und vorbereitet werden. SPD muss sich darauf einstellen, dabei wenig Verbündete zu haben! SPD++
Diese Worte kommen von einem der bis vor kurzem noch ruhig in einer Großen Koalition saß. Mehr bedarf es nicht zu sagen.
Die Grünen müssten angesichts der Situation der SPD in ein tiefes Loch fallen. Das tun sie aber nicht, sie versuchen neue Wege zu finden, wie sie ihre Politik durchsetzen können. Dass daraus in vier Jahren die Konsequenz ist, dass Berlin ebenfalls nach Jamaika umsiedelt bezweifel ich allerdings stark. Ich streite zwar nicht ab, dass es ein bundesweites Signal ist - wie es der Bundesvorstand tut - jedoch halte ich Rot-Rot-Grün auf Bundesebene für deutlich konsensfähiger.


Dieses Thema hat so viele Facetten, die deutlich machen, dass heute keine richtige Entscheidung gefallen ist. Aber auch keine falsche.

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