Donnerstag, 16. Oktober 2008

Noch eine halbe Ewigkeit

Vergangene Nacht (MESZ) strahlten verschiedene Fernsehsender die letzte TV-Debatte von Barack Obama (D) und John McCain (R) aus. Jetzt sind es noch 456 Stunden bzw. 19 Tage bis zum entscheidenden 4. November. In der dritten Fernsehdiskussion der beiden Bewerber für das Weiße Haus sah es für mich das erste Mal nicht so aus, als ob McCain viel schwächer abgeschnitten hätte. Damit teile ich nicht die Meinung der Zuschauer, die eine Umfrage von CNN ergab. McCain wirkte zunächst souverän und imponierte mit sachlichen Antworten, er warete den richtigen Moment ab, um sein vorgefertigtes Zitat einsetzen zu können, doch später wurde er wieder nervös und zornig. Für die US-Wähler war er wieder der alte und böse Mann.


"Ich bin nicht George W. Bush. Wenn Sie gegen ihn antreten wollen, hätten Sie vor vier Jahren kandidieren müssen."

Damit glänzte der Republikaner das erste Mal seit langer Zeit wieder auf. Dass er sich bei dem Titel seiner Vizepräsidentin versprach, indem er statt Gouverneurin Senatorin sagte büßte allerdings wieder Kompetenzpunkte ein. Doch diesmal erwähnte er sie wenigstens, wenn auch gezwungenermaßen, da der Moderator Bob Schieffer nach ihr fragte.
Beide sprachen die ganzen 90 Minuten nur von Ausgaben, Einsparungen waren kaum das Thema. Wie man das 455 Milliarden Dollar schwere Haushaltsloch stopfen will, konnten sie nicht beantworten. Die beiden Bewerber propagieren Steuererleichterungen und Ausgaben in verschiedensten Bereichen, doch woher sie das Geld nehmen wollen, das weiß keiner. Der Anfang könnte bei zahlreichen unsinnigen Ausgaben für Militär gemacht werden. Egal wer den Posten in Washington antritt, er muss zuerst den großen Haufen Müll, den Bush hinterlässt, aussortieren und wegfegen - mit McCain kommt eben nur ein Recylingprodukt heraus.
McCain hatte trotzdem typische republikanische Teile, so widersprach er Obamas Steuererleichterungen und führte dazu ein schon von Obama bekanntes Beispiel vor: der einfache Klempner Joe. Für die heftige Kampagne kritisierten sich beide gegenseitig, obwohl McCain ohne Frage die aggressivere führt, schließlich stellt der Senator aus Illinois seinen Kontrahenten nicht als Gefahr dar. McCain zog während der Debatte abermals die Terroisten-Karte, allerdings sanken bei solchen Bemerkungen die Sympathiewerte. Diese kommen gerade bei den Wechselwählern nicht an, die Amerikaner sind die Schmutzkampagnen leid und sehnen sich vor allem in dieser Zeit nach sachlicher Politik.

Das stellt das Wahlkampfteam um den Maverick vor ein Problem. Die Art und Weise des Veterans kommt nicht an, auch wenn er sich mal volksnah gibt. Und jetzt ist die ganze große Bühne passé, neue Waffen müssen her. Wie viel Schmutz schadet? Oder schadet Schmutz aller Art? Die McCain-Truppe hat so gut wie keine Mittel mehr zur Verfügung das Ruder doch noch herumzureißen; die Debatten sind vorüber und die politischen Positionen klar. Der Demokrat hat sogar noch ein Ass im Ärmel: Sechs Tage vor den Wahlen wendet sich Obama nochmals an das Volk. Wie er das macht? Er kaufte sich für viel Geld Sendezeit in der Primetime. Eine halbe Stunde wird er zu dem US-Volk sprechen und seine Pläne präsentieren. Seinem politischen Gegner ist dies aus finanziellen Gründen nicht mehr möglich.

Nach neuesten Ergebnissen führt Obama in den Umfragen um die 10 Prozent vor dem Senator aus Arizona. Ob die Wähler das in der Wahlkabine auch ankreuzen ist noch nicht gesagt. Bei weißen Wählern wird gezweifelt, ob sie auch wirklich dahinter stehen und ohne jegliche rassistische Vorbehalte diese Wahl treffen. Ich rechne damit, dass es schon vereinzelte Bürger gibt, die nicht ehrlich genug in Umfragen antworten. Doch ob sie sich bei anonymer Wahl auch nicht trauen den wahren Favoriten anzugeben, stelle ich doch sehr in Frage. Es sind nur noch knappe drei Wochen, doch das ist im Wahlkampf eine halbe Ewigkeit. Ein Anschlag oder eine wichtige außenpolitische Sicherheitsfrage kann John McCain noch helfen. Seine Position kann sich dann bei den Wählern noch verbessern, momentan schaut es nach einem Sieg des demokratischen Barack Obama aus.


Informationen zu Positionen der beiden Bewerber gibt es hier.

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