Dienstag, 3. Februar 2009

Ein Mehdorn im Auge

Gegen 15 Uhr ging die Meldung über den Ticker. Twitter und Blogs berichteten darüber, dass Markus Beckedahl von netzpolitik.org eine Abmahnung von Deutsche Bahn im Briefkasten hatte. Markus veröffentlichte das Memo des Berliner Landesdatenschutzbeauftragten, welches Netzpolitik anonym zugeschickt wurde:
"Gespräch mit der Deutschen Bahn AG über die Geschäftsbeziehungen des Unternehmens mit der Network Deutschland GmbH am 28. Oktober 2008"
Laut der DB-Rechtsabteilung verstößt Markus gegen §17 Abs. 2 Nr. 2 UWG bzw. §§ 823 Abs. 1 und 826 BGB. Aus demselben Dokument zitierten auch viele Zeitungen einzelne Passagen, demzufolge haben sie das Memo ebenfalls vorliegen. Auf Deutsch: Verrat von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen. Doch warum erreicht andere Redaktionen nicht so ein Brief? Vielleicht halten die Juristen der Bahn netzpolitik.org für zu schwach und haben vergessen, dass dahinter eine ganze Sphäre steht. Innerhalb von wenigen Stunden hat sich eine Riesenwelle entwickelt, die bis in die Mainstream-Medien schwappte. Die Deutsche Bahn initiiert hier eine Zweiklassenmedienschaft. Die Frage ist nun, ob Markus sich auf die Pressefreiheit berufen kann oder nicht. Außerdem stelle ich mir noch die Frage, wieso es einen Unterschied macht, ob das ganze Memo veröffentlicht wird oder nur Teile es werden.
Die Deutsche Bahn hat sich schon jetzt den kleinsten Gefallen getan und sollte gemeinsam mit dem Vatikan schleunigst die PR-Abteilung wechseln. In Zeiten in denen Rücktrittsforderungen an den Vorstand gehen, sollte man nicht mit Meinungsverbot glänzen. Das Memo hätten ohne die Abmahnung lediglich die regulären Leser von Netzpolitik gelesen, dagegen haben jetzt auch Menschen außerhalb dieses Blogs einen Blick auf das Dokument geworfen. Damit wären wir dann beim Streisand-Effekt angelangt, welcher nichts mit den Alben "Guilty" oder "Stoney End" zu tun hat. Markus Beckedahl hat erklärt, er werde die Unterlassungserklärung der Deutschen Bahn nicht unterschreiben, damit lässt er sich auf einen möglichen Rechtsstreit ein.
Ob die DB sich dieser Promotion auch hergeben möchte, wo doch alle Oppositionsparteien dem Blogger Unterstützung zusagten, ist unwahrscheinlicher als fraglich.

Die Deutsche Bahn hat sich ein Eigentor geschossen. Dass Hartmud Mehdorn immer noch im Sturm mitspielen darf ist eine politische Frechheit. Mal sehen ob es bei der Deutschen Bahn so läuft wie bei der Borussia aus Mönchengladbach.

Julia Seeliger führte ein erstes Interview mit Markus Beckedahl und Robin Meyer-Lucht nennt die DB den neuen DFB.

(Bild: Reuters)

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